Elf kurze Dokumentarfilme
16 mm, s/w, Magnetton
Länge: je 4–5'
Sprache: Deutsch und Züritüütsch
Dreh: München, Herbst 1978
Fertigstellung: 1980
Digitale Fassung in Vorbereitung

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Aus Corinnes Leben

Jeder der Filme behandelt ein in sich geschlossenes Erlebnis, das heisst eine Grundsituation im Leben anderthalbjähriger Kinder. Im Mittelpunkt steht exemplarisch ein Kind: Corinne (geboren im April 1977).
Die Aufnahmen entstanden zur selben Zeit wie der lange Film «Corinne – Bilder aus einer Kindheit», sind aber nicht mit ihm identisch, sondern ergänzen ihn. Es handelt sich um Beobachtungen unbeeinflusster Szenen aus dem kindlichen Alltag. Sie laufen ohne Kommentar.

Zehn der Filme liefen 1980/81 im BR.

 

Die einzelnen Filme:

1. Ein Geschenk
Corinne erhält ein Geschenkpaket. Es entpuppt sich beim Auspacken als Xylophon. Sie untersucht es, probiert gleich verschiedene Klänge und Schlägerhaltungen. Die Mutter zeigt ihr, wie man die Schläger hält (Spiel mit Gummi-Vorderteil). Corinne aber besteht darauf, die Schläger verkehrt zu halten, also Holz auf Holz zu spielen. Sie fasst die beiden Schläger mit einer Hand, bildet ein festes Intervall damit und spielt singend eine zweistimmige Melodie.

2. Die Büchse
Corinne hat sich hinter dem Küchentisch versteckt und isst Züri-Hüppen (süsses Gebäck) aus einer Büchse. Mit der rechten Hand öffnet sie den Deckel, zieht eine Hüppe heraus, setzt den Deckel wieder auf, isst. Eine Hüppe hält sie dabei ständig als Reserve in der linken Hand. Diesen Vorgang wiederholt sie dreimal, immer in der Schwebe zwischen Geniessen und der Erwartung, entdeckt zu werden.

3. Joghurt
Corinne isst mit Genuss einige Löffel Nature-Joghurt. Sie gibt auch der Mutter davon ab. Dann schüttet sie (zunächst unter Protest der Mutter) den Joghurt auf einen Teller und «rührt» ihn um, das heisst, sie klopft freundlich mit dem Löffel drauf. Sie putzt den Becher aus, indem sie mit der Hand hineinfährt, bis sie ganz weiss ist. Dann schleckt sie sie ab. Schliesslich will sie ein paar Tropfen, die ihr auf das Tischtuch gefallen sind, mit Daumen und Zeigefinger aufklauben und in den Becher zurückbefördern. – Der Film veranschaulicht, dass Essen mehr sein kann als blosse Nahrungsaufnahme. Essen als Erfahrung von Wirklichkeit. Nur möglich, wenn auf sterile Sauberkeit und zeitsparende Fütterung verzichtet wird.

4. Unterwegs
Corinne steht in einer grossen Pfütze. Sie stapft mit Wonne im Wasser herum und macht sich ihre Hosen nass. Die Mutter wartet geduldig, bis Corinne sich zum Weitergehen entschliesst. Nach dem Durchqueren eines Waldes von Erwachsenen-Beinen findet Corinne wieder eine Pfütze. Sie ist verlockend tief. Im Strassengraben. Zwischen geparkten Autos. Soll man sie hier spielen lassen? Die Mutter tut es, bleibt aber in ihrer Nähe. Als Corinne tatsächlich auf die Strasse läuft, kann sie sie rechtzeitig zurückholen. Etwas später schaut Corinne einem Schaufenster-Dekorateur bei der Arbeit zu. Dann untersucht sie einen scheinbar verwaisten Eimer mitten auf dem Gehsteig. Sie beobachtet all die verwirrenden und faszinierenden Vorgänge um sich herum und kaut nachdenklich an ihrer Breze.

 

5. Die Kartoffel
Corinne schält eine gekochte Kartoffel, versucht ein wenig davon, bekommt ein Stück Schale in den Mund, speit es aus, zerlegt die ganze Kartoffel (alles auf dem Teppich) und stopft sich soviel davon in den Mund, dass es sie würgt. Sie wird ertappt und zum Händewaschen ins Bad verfrachtet.

6. Am Abend
Corinne sitzt auf Mutters Knieen und untersucht deren Zunge. Sie will sie anfassen und festhalten. Aber die Zunge entwischt ihr immer wieder. Darauf lehnt sie sich vor und gibt der Mutter einen Kuss. Sie wiederholt die Bewegung. Diesmal aber beisst sie. Protest der Mutter. Aus diesem Spiel entwickelt sich schrittweise eine lautstarke, aber freundliche Balgerei. Danach bringt Corinne ihre Puppe zu Bett und legt sich selber neben dem Puppenwagen auf den Boden: Zeit zum Schlafengehen.

7. Zu Pferd
Corinne sitzt auf dem Schaukelpferd und versucht, sich einige Puppen verschiedener Grösse auf den Schoss zu setzen, um mit ihnen zu schaukeln. Die kleinste fällt ihr zu Boden. Mit dem Rest findet sie es nicht befriedigend. So wirft sie alle weg. Jetzt kann sie sie allerdings nicht mehr aufheben, so sehr sie sich auch streckt. Die Mutter hilft ihr und setzt ihr eine Puppe richtig auf den Schoss. Aber Corinne will auch die ganz kleine dabeihaben, was natürlich wieder zuviel wird. Sie wirft definitiv alle weg und schaukelt allein. Sie macht es sehr wild. Sie stellt sich sogar auf die Füsse, bis die Mutter Angst bekommt. Nach dem wilden Ritt zeigt Corinne plötzlich ihre Hand und sagt: «Bebe!» Die Mutter findet keine Ursache und will die Angelegenheit mit einem Kuss erledigen. Aber Corinne zieht den Pullover-Ärmel hoch, so dass das Kettchen am Handgelenk sichtbar wird. Es schneidet ein. Die Mutter verschiebt es ein wenig, und die Welt ist wieder in Ordnung.

8. Ja oder Nein
Corinne spielt mit ihrer Mutter das Ja-Nein-Spiel. Sie sagt, sie habe «Bäh» in der Windel. Als aber die Mutter vorschlägt, die Windel zu wechseln, sagt Corinne nein. Die Mutter besteht darauf: «Moll!» (Züritüütsch für «Doch!») Corinne: «Nein!» Die Mutter: «Moll!» Und immer so weiter. In allen Schattierungen des Ausdrucks, der Lautstärke und der Stimmfarbe. – Dieser Film zeigt, dass Sprache nicht nur eine Mitteilungsfunktion hat, sondern auch eine ästhetisch-soziale, über die Anderthalbjährige bereits erstaunlich gut verfügen.

 

9. Schmutzige Ohren
Corinne sitzt rittlings auf der Mutter, die am Boden liegt. Mathis (2jährig) öffnet den Reissverschluss ihrer Latzhose. Sie ihrerseits versucht Mutter auszuziehen. Mathis legt sich daneben. Auch er wird (beinahe) ausgezogen. Dabei entdeckt Corinne plötzlich Mutters Bauch. Die Mutter greift ihre Beobachtung auf und bringt das Gespräch auf weitere Körperteile wie Nase, Ohr, Mund, Zähne, Haare, Augen, Arme, etc. Bei der Gelegenheit entdeckt Corinne, dass ihre Ohren voller Schmalz sind, was von den andern gebührend gewürdigt wird. Mathis seinerseits stellt fest, dass er mit dem Finger einiges aus seiner Nase herunterholen kann.

10. Musik zum Tee
Mathis und Corinne essen an einem improvisierten Tischchen Zvieri. Mathis giesst mit Hochgenuss Wasser von einer Tasse in die andere. Als er eine Kanne voll auf den Teppich giesst, unterbrechen ihn die Mütter mit der Bitte, das Wasser ausschliesslich auf dem Tisch zu verwenden. Corinne kann sich nicht so recht zu dem Imbiss finden, bis sie verständlich gemacht hat, dass sie Musik vom Plattenspieler hören möchte. Sobald ihrem Wunsch entsprochen wird, scheinen tatsächlich alle Schwierigkeiten behoben, und sie wendet sich nun ihrerseits der verlockenden Wasserkanne zu…

11. Turnen und Tanzen
Corinne streichelt Mathis. Dann klettert sie ein wenig auf ihrer Mutter herum, die dabeikniet. Mathis lässt unterdessen eine Holzkuh zwischen den Beinen von Corinnes Mutter hindurchmarschieren. Corinne kommt auf die Idee, dass man durch diesen Tunnel auch selber hindurchkriechen könnte, was beide Kinder gleich ausprobieren. Als Mathis’ Mutter eine Walzerplatte auflegt, machen alle ein gemeinsames Tänzchen, was natürlich eher wie die Fortsetzung des vorangegangenen Kletterspiels aussieht.